Erstmals fand am Freitag, 21.7., in Balingen der Internationale
Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende statt. Die
Elternselbsthilfe Zollernalbkreis für suchtgefährdete und suchtkranke
Töchter und Söhne startete dazu eine eigene Aktion: es stiegen rund
80 gasgefüllte Ballons in den Himmel. Beschriftet waren sie mit den
Namen von Verstorbenen und standen symbolhaft für den Aufstieg ihrer
Seele in den Himmel. Die Kirchenverantwortlichen auf der Gartenschau
stellten der Diakonie Balingen für diesen Tag den Zwingergarten auf dem
Gartenschaugelände gerne zur Verfügung.

Gekommen waren an diesem Tag so viele Interessierte, dass der Platz
unter dem Sonnensegel im Zwingergarten nicht ausreichte. Denn immer mehr
Menschen sind weltweit direkt, oder indirekt als Familienangehörige, von
der explodierenden Anzahl an Suchtkrankheiten betroffen.
„Das Erschreckendste ist sicherlich die Tatsache, dass bereits in
diesem Jahr unter den Drogentoten ein 13-jähriges Mädchen; also ein
Kind, ist.“, sagte Adalbert Gillmann, Leiter der Elternselbsthilfe
Zollernalb, in seiner Rede. Ende Juni war das Mädchen nach der Einnahme
der hochdosierten Ecstacy-Variante „Blue Punisher“ in
Mecklenburg-Vorpommern gestorben.

„Es sind unsere Kinder, Väter oder Mütter, Opa oder Oma, Tanten und
Onkel, Taufpaten, Freunde oder Kollegen. Menschen, die einfach fehlen.“
machte er deutlich und viele der Anwesenden hatten Tränen in den Augen.
Für die Eltern, Angehörigen, Freunde oder Kollegen breche eine Welt
zusammen, wenn sie feststellen, dass ein ihnen nahestehender Mensch von
der Krankheit betroffen sei. Große Ängste, Schuldgefühle, Scham und
Hilflosigkeit führten häufig zu einer tiefen Depression und Ohnmacht im
familiären Umfeld.
Die Todeszahlen sind in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich
gestiegen. In 2012 starben in Deutschland 944 Drogen gebrauchende
Menschen. Jetzt sind es 1.990. Dies ist eine dramatische Steigerung um
mehr als das Doppelte – eine Tragödie, die sich vor unseren Augen
abspielt.
Haupttodesursachen waren erneut der Konsum von Opioiden (1.194) – davon
749 mit Heroin und Morphin. Auch die Langzeitfolgen (663) des
Drogenkonsums sind vielfach todesursächlich. Gestiegen sind die Zahlen
vor allem auch bei polytoxischem Drogengebrauch in Verbindung mit Kokain
und Crack oder Amphetaminen und bei Vergiftungen in Verbindung mit
psychoaktiven Medikamenten. Die Familien der Suchtkranken stehen meist
hilflos da. Der Kampf gegen die Drogen sei sehr schwer, brauche extrem
viel Kraft und die Eltern müssten dabei ohnmächtig zusehen. Darüber
hinaus treffe die Stigmatisierung der Kranken das Familienumfeld
zusätzlich, führte Gillmann weiter aus. Martin Weise,
Fachbereichsleiter der Suchtberatung bei der Diakonie in Balingen machte
in seiner kurzen Ansprache ebenfalls deutlich, dass seine Tätigkeit
häufig nicht nur präventiver Art, sondern leider auch palliativ sei.
Im Anschluss an die Veranstaltung schlugen die Beteiligten vor, den
Internationalen Gedenktag für verstorbenen Drogengebrauchende am 21.
Juli in Balingen zu institutionalisieren. Marion Faigle,
Gemeindereferentin der Heilig-Geist-Gemeinde, stand dem sehr offen
gegenüber. (Text und Bild: Sabine Stotz)

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